
Liebe Leserinnen und Leser,
nicht nur vor Weihnachten, wenn der Cityadvent viele Besucher:innen lockt, lohnt ein Blick in die Überwasserkirche. In dieser Fastenzeit präsentieren sich dort zwei Bilderzyklen „Sieben Todsünden“ der Künstlerin Heidi Seemann. Oder sollte es treffender heißen: sie irritieren?
Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Trägheit. Die Diskussion im Vorfeld zum Ausstellungsthema verlief kontrovers. Sollte dieser Laster-katalog nicht lieber in der Spiritualitätsgeschichte des Mittelalters verbleiben? Präsentiert sich Kirche damit nicht (wieder) als enggeführt auf Moralpredigten?
Doch lässt sich nicht leugnen: Der Ruf in der Österlichen Bußzeit zur Umkehr ist kein gefälliger. Er hält den Spiegel vor und hinterfragt. Der Psychologe Heiko Ernst formuliert es in seinem Buch ‚Wie uns der Teufel reitet. Von der Aktualität der 7 Todsünden: Die Auseinandersetzung mit den Todsünden kann „in Zeiten zunehmender moralischer Verunsicherung und transzendentaler Obdachlosigkeit (als) kritische Prüfung des Zeitgeistes“ dienen. Die Bilder in der Überwasserkirche und die dazu gestellten Impulstexte der Künstlerin wollen Sie in dieser Weise in die persönliche Auseinandersetzung führen. Sie sind bewusst nicht an einer Stellwand museal präsentiert, sondern nehmen Raum in den Bankreihen und an markanten Orten der Kirche. Als Besucher, Beterin oder Gottesdienstfeiernder kann ich mich dem nicht entziehen. Der Ruf von Aschermittwoch hallt weiter nach: „Kehr um, und glaube an das Evangelium!“
Ihr Pfarrer
André Sühling
P.S.: Herzliche Einladung zur geistlichen Vertiefung zu einzelnen Bildern des Zyklus an jedem Samstag der Fastenzeit um 12 Uhr in der Überwasserkirche!
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Die neue Marke der Pfarrei
Der Apostel Paulus schreibt von der Vielfalt der Gaben, die von dem einen Geist ausgehen und die kein Privatbesitz sind (s. 1 Kor 12,1-11). Wozu der Geist Gottes nicht alles bewegen kann! Jünger:innen führt er aus dem Rückzug in die Öffentlichkeit, aus der Sammlung in die Sendung.
Das findet sich auch in unserer Pfarrei: in der Vielfalt des Engagements, in der Unterschiedlichkeit der Personen, aber auch in der selbstkritischen Suche, wo wir uns als Gemeinde selbst genügen und den Auftrag, für andere da zu sein, ignorieren.
